19. Deutsch-Koreanisches Forum – Panel 2: "Herausforderung der internationalen Gemeinschaft nach Überwindung der Covid-19 Pandemie: Vaccine – Diplomatie (Deutschland) und Kohlenstoffreduktion (Korea)"

Seniorforum

Das zweite Panel wurde von Frau Ye-One Rhie, Mitglied des deutschen Bundestags, moderiert. Sie betonte zu Beginn die Wichtigkeit des Deutsch-Koreanischen Forums, auch bei der Diskussion der Themen Klimaschutz und Pandemiebekämpfung.

Den ersten Impulsvortrag hielt Professor Eui-Chan Jeon der Sejong Universität, Vorsitzender des Klimawandel-Unterausschusses des 2050 Carbon Neutral Committee. Er veranschaulichte zunächst die Veränderung der Oberflächen- und Meerestemperatur. Gleichzeig verringere sich das Eis in der Antarktis in hohem Tempo und die Kohlenstoffdioxid-Konzentration sei die höchste jemals gemessene, sodass die Erde bereits einen Tipping-Point erreicht habe. In Zukunft würden weitere Tipping-Points erreicht werden. Professor Jeon zeigte dann die Veränderungen der Dauer der Jahreszeiten in Südkorea auf. Tendenziell würde der Sommer immer früher beginnen und immer länger andauern.

Das Übereinkommen von Paris, zu dessen Einhaltung sich die Industrienationen verpflichtet haben, und der Klimagipfel in Glasgow seien demnach wichtige Schritte bei der Bekämpfung des Klimawandels. Präsident Moon nahm kürzlich am COP26 in Glasgow teil und verkündete dort das Ziel, bis 2030? die CO2-Emissionen um 40 % im Vergleich zum Jahr 2018 zu reduzieren. Die „Our 2050 Vision“, die durch den „Korean New Deal“ im vergangenen Jahr angestoßen wurde, strebt CO2-Neutralität bis 2050 an, was mithilfe grüner Innovationen und der Synergien von „Green New Deal“ und „Digital New Deal“ erreicht werden soll. Hierfür wurde zudem eine Präsidiale Kommission eingerichtet, innerhalb derer Professor Jeon einen Ausschuss betreut.
Diese Präsidiale Kommission rechne derzeit mit zwei Szenarien: Szenario A „net zero“ mit einer kompletten Abschaltung der fossilen Kraftwerke und Szenario B mit einer teilweisen Nutzung fossiler Kraftwerke. Derzeit werden 15 % des gesamten Stahlexportvolumens durch die Unternehmen Hyundai und Posco produziert. Alleine eine Umstellung der Produktionsweise dieser beiden Unternehmen würde einen großen Unterschied machen. Dafür ist Wasserstoff eine Schlüsseltechnologie, wobei auch Korea grünen statt grauen Wasserstoff benötige. Der Anteil der erneuerbaren Energien, die für die Produktion von grünem Wasserstoff notwendig sind, liegt jedoch bei nur 8 %. Für einen Anstieg der erneuerbaren Energien sei jedoch auch die Akzeptanz der Bevölkerung notwendig.
Professor Jeon ging dann auf die deutsch-koreanischen Beziehungen in diesem Bereich ein. Er hob die Gesetzesvorlagen zur Bepreisung von CO2 und Regulierungen in Deutschland sowie das EU-Klimapaket „Fit for 55“ hervor. Deutschland verfolge eine Wasserstoff-Strategie und Südkorea könne von der guten Technologie Deutschlands lernen. Daneben sei Deutschland ein gutes Beispiel dafür, wie die Meinung der Bevölkerung in politische Prozesse einbezogen werden kann. Südkorea ist eines der wenigen Länder außerhalb der EU, das ebenfalls ein Emission Trading System (ETS) betreibt, sodass ein Austausch zwischen Deutschland und Südkorea dazu ebenfalls sinnvoll ist. Zudem bemerkte Professor Jeon, dass die EU derzeit auch auf E-Fuel setze, eine Technologie, die zwar noch nicht reif sei, aber Potenzial für die Zusammenarbeit bürge. Schließlich könne Südkorea auch von Deutschland in Sachen Ausstieg aus der Nuklear- und Kohleenergie lernen.
Frau Heike Baehrens, Mitglied des Bundestages und Stv. Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe und Vorsitzende des Unterausschuss Globale Gesundheit des Deutschen Bundestags, trug zum Thema „Vaccine Diplomatie“ vor. Gesundes Leben und Wohlergehen sei eines der UN-Nachhaltigkeitsziele und Menschenrecht. Gesundheit sei nicht nur humanitär notwendig, sondern auch volkswirtschaftlich vernünftig, da eine gesunde Bevölkerung ihre Fähigkeiten besser nutzen könne.
Jedoch gäbe es globale Gesundheitsgefahren, beispielsweise durch Luftverschmutzung, Klimawandel und Pandemien, wie zuletzt die Covid-19-Pandemie. In Bezug auf den Umgang mit dieser sei Ostasien ein Vorbild für Deutschland und Europa. Jedoch wurde ein wirksamer Impfstoff frühzeitig hergestellt und die EU-Beschaffungspolitik erwies sich entgegen aller Kritik im Nachhinein als gute Strategie. Dennoch gäbe es in der EU unterschiedliche Impfquoten: Während Portugal, Spanien und Dänemark hohe Impfquoten aufwiesen, sei dies in Bulgarien und Rumänien nicht der Fall, was kürzlich in einer Überlastung der Gesundheitssysteme resultierte.
Frau Baehrens sprach dann von „Impfgerechtigkeit als Nagelprobe der globalen Solidarität“: Ärmere, krisengeschüttelte Länder hätten oft eine prekäre Gesundheitsversorgung und keinen gerechten Zugang zu knappen Impfstoffen. Laut WHO-Generalpräsident wurden 80 % der Impfstoffe ausschließlich in G20-Ländern verimpft.
Frau Baehrens brachte daher drei Forderungen an:

  1. Die Produktionskapazitäten müssten weltweit hochgefahren werden, da Spenden nicht ausreichten. Auch solle die Aussetzung von Patenten überdacht werden.
  2. Universal Health Coverage müsste priorisiert und schwächere Gesundheitssysteme gestärkt werden.
  3. Eine gute Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft sei unabdingbar. Dazu solle die WHO als einzige neutrale Instanz mit globaler Legitimierung gestärkt, internationale Gesundheitsvorschriften überarbeitet, und die fragmentierte Akteurslandschaft nicht weiter differenziert werden.

Frau Baehrens schloss mit ihrem Fazit, dass Gesundheit nicht nur nationale, sondern internationale Gesundheitsgovernance benötige mit einem starken multilateralen System und einer starken WHO. Nur so könnten vulnerable Gruppen geschützt werden. Deutschland und Südkorea seien hierbei wichtige Partner, da sie sich gemeinsam für multilaterale Kooperationen engagierten.


Im Anschluss an die beiden Vorträge folgten Fragen und Diskussionen.

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