[DKF 2022] AG 1: Stand und Perspektiven der Deutsch-Koreanischen Zusammenarbeit im Bereich der Energiesicherheit und Klimakrise

Seniorforum

AG 1: Stand und Perspektiven Derdeutsch-Koreanischen Zusammenarbeit im Bereich der Energiesicherheit undKlimakrise

분과세션1: 기후위기와 에너지안보 분야에서의양국의 협력현황과 전망

 

Chair:                    

Dr. Bernhard Seliger, Leiter der Hanns-Seidel-Stiftung Korea

 

Referenten:      

Prof. Dr. Volker Deville, InternationalManagement an der Universität Bayreuth, Vorstandssprecher des F/L Think TankeG, München, und Strategieberater

Sang-Hyup Kim, Co-Vorsitzender des Präsidialausschusses für Kohlenstoffneutralität und grünes Wachstum 2050, Berater für grünes Wachstumund nachhaltige Entwicklung (Vizepräsidentenebene) bei KAIST, ehemaliger Präsident des Jeju Research Instituts

 

Protokollant: Maximilian Eisen

Die AG 1 wurde von Bernhard Seliger, Leiter der Hanns-Seidel-Stiftung Korea, mit einer Begrüßung der Teilnehmer eröffnet. Seliger stellte heraus, wie bedeutsam das Thema und wie schwierig es sei, Lösungen im Bereich der Energiesicherheit und Klimakrise zu finden.

Den Auftakt der Runde erfolgte durch Prof. Kim Sang-Hyup, Co-Vorsitzender des Präsidialausschusses für Kohlenstoffneutralität und grünes Wachstum 2050, Berater für grünes Wachstum und nachhaltige Entwicklung (Vizepräsidentenebene) bei KAIST, ehemaliger Präsident des Jeju Research Instituts. Herr Kim appellierte, wie wichtig es sei, dass etwas angesichts der Klimaentwicklung getan werden müsse. Neue Entwicklungen, neue Ideen und neue Methoden werden benötigt. Insgesamt arbeiten mehr als 80 Länder an „Green Growth Strategien“, denn es sei wichtig, Klimaneutralität zu erreichen. Doch es sei auch zu bedenken, dass ein radikaler Wandel nicht funktionieren wird. Wirtschaftliche Tätigkeiten können nicht gänzlich reduziert werden, um die Klimaneutralität zu erreichen. Ohne Wirtschaftswachstum kann auch keine Entwicklung erfolgen. Kim sieht „Low Carbon Green Growth“ als die Zukunftsvision. Darüber hinaus investiere Südkorea stark in Energieinfrastrukturen. Wichtig sei es verantwortungsbewusst und innovativ zu handeln. Südkorea als ein Land mit hohem Energieverbrauch benötige mehr erneuerbare Energien. Das Ziel sei es, den Anteil an der Energieversorgung deutlich zu erhöhen. Viele große Unternehmen (z.B. Samsung, LG) traten bereits in ein Abkommen ein mit dem Versprechen 100% Klimaneutral zu werden. Eine Zeitenwende stehe bevor. Energiepreise werden weiter unausweichlich steigen und es sei auch wichtig, dass sie steigen, um die Entwicklung von erneuerbaren Energien weiter voranzutreiben. Ziel sei es in Südkorea den Energiepreis unabhängiger zu machen und weniger die Verantwortung der Preisbildung bei der Regierung zu haben. Letztlich sei es wichtig, die Innovation und technologische Entwicklung weiter voran zu treiben. Südkorea ist ein relativ kleines Land indem annähernd rund 70% der Fläche durch Berge belegt sei. Es sei wichtig aus verschiedenen Blickwinkeln Lösungen und Möglichkeiten zu finden. Aktuelle Technologien, wie z.B. Photovoltaik, haben ihre Grenzen. Als Idee und Ansatz für die Zukunft nennt Herr Kim Wasserstoff und dabei insbesondere der grüne Wasserstoff.  Auch im Thema Batterieentwicklung mache Südkorea große Fortschritte. Als Vorschlag für die gemeinsame Zusammenarbeit schlägt Kim vor, eine Gemeinschaft für grüne Technologien zu gründen.

Als zweiter Referent der Runde nahm Prof. Dr. Volker Deville, International Management an der Universität Bayreuth, Vorstandssprecher des F/L Think Tank eG, München, und Strategieberater, das Wort. Herr Deville begann seine Rede mit Trauerworten angesichts der Iteawon Tragödie. Nach einem Moment des Gedenkens, gab Deville einen Überblick über die globale Energiesituation. Er erläuterte, dass wir uns in einem Dilemma befänden – Industriestaaten wollen Energie sparen, aber durch fortschreitende Entwicklung und Wachstum wird immer mehr Energie benötigt. Auf der anderen Seite sind die Entwicklungsländer, die ebenfalls zum Wachsen und zur Entwicklung immer mehr Energie benötigen. Genauso sei Global das Ziel, weniger CO2 zu verursachen. Aber letztendlich fehle es weiterhin an der Technologie. Herr Deville ging daraufhin auf den Primärenergieverbrauch in Deutschland ein. Er zeigte auf, dass wir uns in einer Energiekrise befinden, auch aus dem Grund, dass Russland als ehemaliger Hauptlieferant von Gas weggefallen sei. Gas habe einen Anteil von rund 27% am deutschen Primärenergiebedarf. Nuklearenergie mache noch rund 6% aus, wobei dieser Anteil im nächsten Jahr auf 0% reduziert werden solle. Deville appellierte sich vor Augen zu halten, dass wenn Atomkraft als Energiequelle wegfalle und auch Gas weiter problematisch sei, ein kurzfristiger Umstieg auf „Renewables“ schlichtweg nicht möglich sei. In dieser Situation müsse die deutsche Politik versuchen, zum Energiesparen anzuregen. Nicht nur kurzfristig, sondern langfristig. Deville sieht eine Dauer von mindestens 5-10 Jahren als realistisch, die Energie „grüner“ zu machen. Der Russische Angriffskrieg stellte und stelle uns weiterhin vor großen Herausforderungen – aber eröffne auch eine Möglichkeit zur Wende und zum Umdenken.

Herr Prof. Dr. Volker Deville wendete sich dem Thema Klimakrise zu. Es mahnte an, dass die Welt sich bereits seit Jahrzehnten in einem Umfeld von sich verändernden Klimabedingungen befände. Klimakatastrophen, wie Hurricanes oder Überflutungen, nähmen stetig zu. Nicht nur die Anzahl, sondern ebenfalls eine Steigerung in der Intensität sei zu beobachten. Deville merkte die Umweltkatastrophe im Ahrtal (Deutschland) an.

Als abschließenden Thematik griff Deville die Technologischen Aspekte und deren Stand der Technik auf. Deville sieht Wasserstoff als aktuell führende Technologie an. Batterietechnik sei gut in der Entwicklung, müsse aber weiter geforscht werden. Insbesondere müsse Batterietechnik günstiger gemacht werden, um einen flächendeckenden Einsatz einfacher zu ermöglichen. Aber auch neue Batterietechnologien, die CO2 neutral sind, wären denkbar. Thermotechnologien seien eine weitere Zukunftsweisende Technologie. Auch der Einsatz von Artificial Intelligence sei eine gute Möglichkeit, um z.B. die Energieeffizienz bzw. den Energieverbrauch gezielt zu steuern.

Deville beendete seine Rede mit einigen offenen Fragen zur Diskussion ans Plenum – Haben wir ausreichende „Leap Jump Technologies“? Der Ansatz über Batterietechnologie oder grünen Wasserstoff sei ein guter Schritt, aber warum erfolgt bisher kein flächendeckender Einsatz am Gebäude oder Infrastruktur? Wie können wir die Bevölkerung mit einbeziehen? Wenn unsere Universitäten und Forscher untereinander konkurrieren ist dies nicht hinderlich? Wie kann auf Regierungsebene kooperiert werden?

Herr Seliger eröffnete die Diskussionsrunde mit einer bewusst provokanten Frage. Er stellte die These auf, ob das Ausmaß der Klimakatastrophen nicht größer werde (gemessen anf inanziellen Auswirkungen der durch Umweltkatastrophen verursachte Schäden), aufgrund dessen, dass der Reichtum der Bevölkerung und das Vermögen auch stetig gestiegen ist.

Herr Deville nahm die Frage Seligers auf und merkte an, dass auch wenn das Vermögen pro Kopf gestiegen sei, dass zweifels ohne die Katastrophen und die Intensität der Umweltereignisse zugenommen haben.

Herr Kim Sang-Hyup füge an, dass wenn der Fokus einer Diskussion daraufgelegt werde würden, dass solche Katastrophen menschgemacht seien, dann käme man zu keinem Ergebnis. Kim führte fort, dass ihn vielmehr die „Game Changer“ für die Energiegewinnung interessieren. Es gäbe keine Technologie, die 100% die Antwort auf alle Fragen sei, aber es gehe „in die richtige Richtung“. „Kernkraftwerke der nächsten Generation“, grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie und die Weiterentwicklung der Speichertechnologien ESS und der Direct Air Capture-Technologie. Jedoch benötige es viel Zeit, um diese Technologien auf ein gutes Level zu bringen. Kim merkte an, dass sich viele Länder zusammentäten, um gemeinsam innovative Technologien zu entwickeln. Der Fokus solle auf eine Kooperation gelegt werden und weniger auf Konkurrenz. Er frage sich, ob Deutschland an einer Kooperation interessiert sei.

Die Antwort darauf erfolgte von Herrn Deville. Deville merkte an, dass es schwierig sei eine Lösung und eine Antwort darauf zu geben. Es müsse ein Mechanismus gefunden werden, das Geistige Eigentum an solchen Technologien zu sichern und dennoch den Austausch von Forschern zu fördern.

Im Anschluss daran meldete sich Herr Lee Yniong, CEO der ABB RAMA B&R Industrial Automation Co. Ltd, zu Wort.  Er danke den Rednern und fühle sich nunmehr weniger erleichtert als besorgt. Als Zwischenfazit zieht Lee, dass die Folgen des Klimawandels nicht aufzuhalten seien, Lösungswege und Ergebnisse nicht zeitnah zur Verfügung stünden, das Vorgehen auf Länderbasis nicht effektiv sei und global enger zusammengearbeitet werden müsse. Lee frage sich des Weiteren, wie es mit der Energiesicherheit aussieht. Auf der einen Seite müsse Energie ausgegeben werden, um wirtschaftlich zu wachsen. Energiebedarf wird steigen. Was sei wichtiger? Versuch die Energiezulieferung zu diversifizieren, oder sei es besser, mehr Energiesicherheit zu schaffen, um nicht das Wachstum zu gefährden oder solle mehr Energie gespart werden?

Herr Kim äußerte sich diesbezüglich und sagte, dass Klimaschutz, Energiewende und Energiesicherheit nunmeh rzusammenhängen. Insbesondere durch den krieg habe das Thema Energiesicherheiteinen neuen Aspekt bzw. mehr Bedeutung bekommen. Vorher läge der Fokus eher auf Nachhaltigkeitsaspekten. Die Frage nach der Priorität sei sehr schwierig. Herr Kim führte an, dass generell die Systeme des deutschen und die des südkoreanischen sehr unterschiedlich seien. Südkorea habe ein sehr geschlossenes System. Das deutsche sei mehr verbunden durch die EU und mehr so ausgelegt, dass Storm importiert und bei Überschuss auch exportieren werde. In Südkorea sei dies anders. Wenn es in Südkorea zu einer drastischen Energiekriese käme, dann würde die Wirtschaft stärker betroffen sein, als die deutsche. Der Fokus in Südkorea läge darin das Energieangebot zu sichern und Preisschwankungen gering zuhalten. Die südkoreanische Energiestrategie beinhalte Wasserkraft, Atomkraft und erneuerbaren Energien in Kombination vor. Beispiel: Erneuerbare Energien seien von Witterungsverhältnissen abhängig. Der Komplementäre Eingriff anderer Quellen sei das Ziel.

Daraufhin meldete sich Diana Schüler, Referentin für innovationsmärkte: Ostasien im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW, zu Wort. Frau Schüler bekräftigte noch einmal, dass es zum aktuellen Zeitpunkt keine „breakthrough“ Technologie gäbe. Des Weiteren merkte sie an, dass Deutschland nicht weiter auf Atomkraft setze. Wichtig seien die erneuerbaren Energien. Dabei sei Wasserstoff auch nicht die Lösung aller Probleme. In der aktuellen Phase brauchen Unternehmen auch Sicherheit im schwierigen Umfeld. Darüber hinaus sei es wichtig, dass der Fokus nicht nur auf Technologien zur Reduktion von CO2 gelegt wird, sondern es müsse auch auf Technologien gesetzt werden, die sich mit den nicht rückgängig machbaren Folgen des Klimawandels, wie z.B. trockene Böden, konzentrieren. Abschließend stellte Frau Schüler die Frage an die Teilnehmer, wie eine Kooperation Deutschland-Korea gefördert werden könne. Als Idee nannte Frau Schüler die Gründung einer Gemeinschaft für grüne Technologien. Des Weiteren merkte sie an, dass die regionale Ebene auch wichtig sei und bisher nicht erwähnt wurde. Nicht nur der globale Gedanke, sondern auch regionale Faktoren seien entscheidend.

Herr Deville antworte anschließend. Er findet die Idee einer Gemeinschaft für grüne Technologien sehr interessant, befürchtet jedoch, dass die Komplexität der Thematik zu groß sei. Des Weiteren fügte er bezüglich Herrn Kims früheren Frage zum Thema Energiesicherheit hinzu, dass ein Mittelweg gefunden werden müsse zwischen Sicherheit und Wachstum. Sparen sei ein Teil, welcher bereits im privaten Bereich deutlich sichtbar sei. Das wichtigere sei jedoch wohl der Preiseffekt. Energie ist sehr teuer geworden, wodurch Haushalte einen großen Anreiz zusparen hätten.

Herr Kim nahm das Wort und schilderte wie beeindruckt er von der deutschen Bevölkerung beim Energiesparen sei. Die Temperatur abzusenken oder bewusst auf Energie zu verzichten sei in Südkorea nicht vorstellbar. Jedoch betrage der Strompreis in Südkorea auch nur 1/3 des deutschen Preises.

Im Anschluss an Herrn Kims Worte folgte ein Fazit von Herrn Seliger. Herr Seliger fasste zusammen, dass die Teilnehmer betonten, wie dringend ein Handeln im Bereich Klima und Energie sei und wir zum aktuellen Zeitpunkt mit erneuerbaren Energien nicht auskämen. Es müsse eine Reihe von Energieträgern eingesetzt werden, die auch fossil oder nuklear sein können, bis wir genügend Innovationen haben, um mit erneuerbaren Energien den Energiebedarf zu decken. Es gäbe eine gute Anzahl von Technologien, Wasserstoff, AI etc., unter denen aber im Moment keine eindeutige Fokussierung auf eine neue Leittechnologie erfolge. Die Forschung an Technologien müsse offen betrieben werden. Offen bleibt jedoch auch weiterhin die Frage, wie dies umzusetzen sei. Generell müsse der Bereich der Forschung deutlich verstärkt werden. National gäbe es in beiden Ländern Pläne, aber es müsse mehr Kooperation und einen viel stärkeren Austausch geben.

 

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