[2022 Juniorforum] Arbeitsbericht der AG 1 von Daniel Gafke Mendoza

Juniorforum

Arbeitsgruppe 1 "Deutsch-Koreanische Zusammenarbeit vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine"

Autor: Daniel Gafke Mendoza, Universität Leiden, Science and Society

Angesichts der extremen internationalen politischen Veränderungen des Jahres 2022 standen die Teilnehmenden der Arbeitsgruppe 1 "Deutsch-Koreanische Zusammenarbeit vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine" erstmals vor der Aufgabe, die Interessen der jungen Generation in Deutschland und Korea in der Sicherheitspolitik zu vertreten.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die junge Generation in diesem Bereich ein außerordentliches Mitspracherecht hat, da gerade junge Menschen als Soldat_innen in Konfliktsituationen eingesetzt werden und somit in ihren körperlichen und beruflichen Fähigkeiten und Möglichkeiten durch die Sicherheitspolitik lebenslang beeinflusst und eingeschränkt werden können. Die Teilnahme und der Beitrag von Valeria Doroschenko, einer aus der Ukraine Geflüchteten, in der deutschen Delegation ermöglichte es zudem, die Bedürfnisse der Ukrainer_innen und der jungen Generation und insbesondere von Frauen in Krieg und Konflikt in den Mittelpunkt zu stellen. Somit wurde auch die Notwendigkeit, die internationale Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen, weiter unterstrichen.

Deutschland und Korea sind durch gemeinsame Erfahrungen von Trennung, Diktatur, vergangenen Menschenrechtsverletzungen, ihres Status als Mittelmächte in der globalen Weltordnung sowie durch ihre rasante wirtschaftliche Entwicklung in der Vergangenheit, in der beide Länder einander zur Seite standen, verbunden. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass diese gemeinsame Vergangenheit beide Länder zu Wertepartnern macht. Sie betonten insbesondere gemeinsame Interpretationen von politischen Rechten, Menschenrechten sowie der internationalen regelbasierten Weltordnung, die durch die Souveränität der Staaten, das internationale Recht und insbesondere ius ad bellum sowie ius in bello bestimmt wird. Sie stimmten darin überein, dass Russlands Angriffskrieg eine Verletzung dieser Grundwerte darstellt, die die internationalen Beziehungen seit dem Zweiten Weltkrieg bestimmen. Die Teilnehmenden verurteilten daher einvernehmlich den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und betonten, dass diese Verletzung 2014 mit der illegalen Annexion der Krim durch Russland begonnen hat.

Die weitere Unterstützung der Ukraine angesichts des brutalen Angriffskriegs Russlands war daher der erste Schwerpunkt der Gespräche. Obwohl sich die deutsche und die koreanische Delegation einig waren, dass die humanitäre Hilfe und die sichere Durchreise für Flüchtlinge aus der Ukraine - insbesondere für Angehörige von Randgruppen - fortgesetzt werden müssen, gab es erhebliche Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die militärische Unterstützung der Ukraine: Die deutschen Teilnehmenden betonten die Notwendigkeit einer proaktiven und signifikanten militärischen Unterstützung in Form von Munition und Waffen und forderten die deutsche Regierung auf, die militärische Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen und zu verstärken und riefen dazu auf, dass auch die Republik Korea die Ukraine militärisch unterstützen sollte. Die koreanischen Teilnehmenden waren dagegen eher zurückhaltend und argumentierten, dass die militärische Unterstützung von Seiten Südkoreas der Ukraine zu einer Eskalation der Spannungen mit Nordkorea führen könnte.

Eine besondere Herausforderung stellte die Vielfalt und Komplexität der sicherheitsrelevanten Themen dar, die der russische Angriffskrieg auf die Ukraine aufwirft. Insbesondere die systematische Nutzung von sexueller Gewalt, der Energieversorgung, Nahrungsmittelversorgung, des Zugangs zu den Ozeanen und insbesondere zur Arktis, des Cyberspace, und der sozialen Medien als Kriegswaffe um Staaten zu destabilisieren und unter Druck zu setzen motivierten die Teilnehmer zu einem Ansatz, der dieser Komplexität über die klassische Sicherheitspolitik hinaus Rechnung trägt. Aus diesem Grund forderten beide Delegationen eine beschleunigte Energiewende, die zu mehr Energiesicherheit führen könnte, sowie eine stärkere Entwicklungspolitik, die zur Stabilisierung der Länder des globalen Südens beiträgt. Weitere Kooperationsmöglichkeiten wurden in den Bereichen Cybersicherheit und widerstandsfähige Infrastrukturen gesehen, wo Deutschland durch die Zusammenarbeit mit Südkorea dazugewinnen kann, während Südkorea von einer stärkeren Zusammenarbeit mit Deutschland bei seiner Energiewende profitieren könnte.

Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Bedürfnisse marginalisierter Bevölkerungsgruppen gelegt: Beide Delegationen forderten von der Bundesregierung und der Regierung der Republik Korea, die Bedürfnisse von Frauen, der queeren Gemeinschaft, von Menschen mit Behinderungen sowie anderer marginalisierter Gruppen sowohl in ihrer nationalen Sicherheitspolitik als auch in der internationalen sicherheitsrelevanten Zusammenarbeit in den Fokus zu stellen. Dies wurde als notwendig erachtet, um sicherzustellen, dass Menschenrechte und politische Freiheiten dieser Gruppen geschützt werden. Diese marginalisierten Gruppen sind in Konfliktsituationen unverhältnismäßig stark in ihrer persönlichen Sicherheit beeinträchtigt, da Gewalt gegen sie in Kriegssituationen oft als Waffe eingesetzt wird - wie die wiederkehrenden Berichte über sexualisierte Gewalt durch russische Truppen in der Ukraine zeigen.

Schließlich forderten beide Delegationen ihre Regierungen auf, mehr Räume für die Diskussion und Gestaltung von Sicherheitspolitik zu schaffen, um ein stärkeres Sicherheitsbewusstsein bei jungen Menschen und in der Öffentlichkeit zu fördern, wirksame Feedbackkanäle zu den politischen Entscheidungsträgern zu schaffen, sowie vor allem dem überproportionalen Interesse der jungen Generation an einer soliden und klugen Sicherheitspolitik gerecht zu werden, die auch die Schwächsten schützt.

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